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Martin Wagner, Geschäftsführer der Pensionskasse der Credit Suisse Group (Schweiz), erläutert in einem Interview die Gründe für die strategische Neuausrichtung der Pensionskasse per 1. Januar 2017.

Wie geht es der Pensionskasse?
Per Ende 2015 schätzen wir den Deckungsgrad der Pensionskasse auf rund 110%. Auf den ersten Blick deutet dies auf eine gute finanzielle Lage hin. Die Wertschwankungsreserve, die zur Abfederung ungünstiger Finanz- und Kapitalmarktentwicklungen dient, ist jedoch nur gut zur Hälfte aufgebaut. Zudem beruht die Schätzung des Deckungsgrads auf der Annahme – und damit dem Druck –, dass wir über die kommenden Jahre im Durchschnitt zwischen 2,5% und 3% Performance erwirtschaften. Im aktuellen Tiefzinsumfeld ist dies eine ambitionierte Vorgabe. Mit einer ökonomischen Bewertung der Verpflichtungen, das heisst mit einem Marktzins bewertet, wäre der Deckungsgrad wesentlich tiefer. Nach genauerer Betrachtung ist die finanzielle Lage der Pensionskasse somit eher angespannt.

Vor welchen Herausforderungen steht die Pensionskasse?
Jeden Monat zahlen wir Renten von über 40 Millionen Franken aus. Tiefe Zinsen belasten unsere Kasse, denn früher konnten wir die Renten mehrheitlich mit den Obligationenerträgen finanzieren. Dies ist nicht mehr der Fall. Zudem müssen die Renten aufgrund der gesellschaftlichen Alterung länger ausbezahlt werden.

Was hat es mit der gesellschaftlichen Alterung konkret auf sich?
Die Menschen werden immer älter. Die Versicherungsmathematiker prognostizieren, dass sich die Lebenserwartung pro Jahr um einen Monat erhöht, Tendenz steigend. Für den Einzelnen ist die zunehmende Lebenserwartung natürlich positiv, Konsequenzen für die Pensionskassen bleiben allerdings nicht aus.

Welche sind dies?
Die Kosten für die längere Bezugsdauer der Renten gehen verstärkt zulasten der aktiven Versicherten. Die Rentner werden mehr und mehr durch die aktiven Versicherten quersubventioniert, obschon die kapitalgedeckte berufliche Vorsorge eine Umverteilung zwischen den Generationen nicht vorsieht.

Können Sie die Kosten beziffern, die die aktiven Versicherten tragen?
Insgesamt sprechen wir über eine Umverteilung in der Grössenordnung von über 100 Millionen Franken jährlich. Eine Umverteilung entsteht bei neu ausgerichteten Renten, bei laufenden Renten und auch bei einer unterschiedlich hohen Verzinsung der Vorsorgekapitalien.

Bei einer neu auszurichtenden Altersrente entsteht eine Finanzierungslücke, wenn das angesparte Pensionskassenguthaben mit einem zu hohen Umwandlungssatz in eine Rente auf Lebenszeit umgewandelt wird. Dieser Verlust kann nachträglich nicht mehr korrigiert werden, denn die Rentenhöhe darf von Gesetzes wegen nicht mehr reduziert werden. Bei laufenden Renten ist die Umverteilung die Folge der nicht adäquat abgebildeten Lebenserwartung.

Eine unerwünschte Umverteilung resultiert zudem, wenn die Vorsorgekapitalien der aktiven Versicherten und der Rentner über längere Zeit unterschiedlich hoch verzinst werden, wie dies bei unserer Pensionskasse über die letzten Jahre der Fall war. Die aktiven Versicherten mussten zugunsten der älteren Generation auf einen Teil der Verzinsung verzichten. Der Stiftungsrat strebt zwar eine Gleichbehandlung zwischen den Generationen an, doch der Handlungsspielraum ist begrenzt.

Weshalb?
Mit der erwirtschafteten Performance werden zuerst die laufenden Renten und die steigende Lebenserwartung finanziert. Zusätzlich wird ein beachtlicher Teil der Performance zur Bildung von Reserven und Rückstellungen verwendet, insbesondere für den Aufbau der Wertschwankungsreserve. Nachdem die laufenden Renten und die Reserven finanziert worden sind, entscheidet der Stiftungsrat über die Verzinsung der Altersguthaben der aktiven Versicherten.

Im Durchschnitt über die vergangenen fünf Jahre erwirtschaftete die Pensionskasse eine jährliche Performance von 4,7%. Im selben Zeitraum wurden die Pensionskassenguthaben der aktiven Versicherten mit 2,4% pro Jahr verzinst. Mit der Differenz wurde die Umverteilung finanziert und wurden die Wertschwankungsreserven geäufnet.

Wie können Sie die Balance zwischen den Anspruchsgruppen in Zukunft gewährleisten?
Systemfremde Umverteilungen zwischen den Generationen gefährden über kurz oder lang die finanzielle Stabilität der Pensionskasse und verunmöglichen die angestrebte Gerechtigkeit. Deshalb hat der Stiftungsrat strategische Anpassungen beschlossen, die das veränderte wirtschaftliche und gesellschaftliche Umfeld berücksichtigen und den zahlreichen Herausforderungen der Zukunft Rechnung tragen.

Welche Änderungen sehen Sie konkret vor?
Der technische Zinssatz wurde per Ende 2015 von 3% auf 2% reduziert. Gleichzeitig lösten wir die bislang angewendeten statischen Periodentafeln durch Generationentafeln ab. Generationentafeln berücksichtigen automatisch die zukünftige Entwicklung der Lebenserwartung und sind somit aussagekräftiger. Mit den Generationentafeln zeigt sich, dass die in der Pensionskasse angewendeten Umwandlungssätze die aktuelle Lebenserwartung nicht adäquat abbilden. Um die nachhaltige Stabilität der Pensionskasse zu wahren, beschloss der Stiftungsrat, den veränderten Rahmenbedingungen durch eine Reduktion des Umwandlungssatzes Rechnung zu tragen. Damit nicht eine bestimmte Altersgruppe übermässig stark betroffen ist, erfolgt die Senkung schrittweise über die nächsten acht Jahre.

Zusätzlich lösen wir das ordentliche Pensionierungsalter 63 durch das Referenzalter 65 ab. Der Sparprozess in der Pensionskasse kann somit bis Alter 65 weitergeführt werden. Natürlich ist die flexible Pensionierung ab Alter 58 bis maximal Alter 70 weiterhin möglich.

Für Versicherte, die kurz vor der Pensionierung stehen, sind dies nicht so erfreuliche Nachrichten ...
Das stimmt. Aber angesichts des für Pensionskassen anspruchsvollen Tiefzinsumfelds und der kontinuierlich steigenden Lebenserwartung ist das hohe Leistungsniveau in der derzeitigen Form langfristig nicht finanzierbar. Deshalb hat der Stiftungsrat der Pensionskasse gehandelt und diese strategischen Anpassungen beschlossen. Dem Stiftungsrat war es wichtig, dass alle Versicherten einen Beitrag leisten. Die Kosten dürfen nicht ausschliesslich zulasten der jüngeren aktiven Versicherten gehen.

Der neue Vorsorgeplan bietet verbesserte Leistungen im Invaliditäts- und Todesfall. Die Invaliden- und Ehegattenrente leitet sich neu von den versicherten Löhnen in der Pensionskasse ab und ist unabhängig vom angesparten Guthaben in der Pensionskasse. Eine Reduktion des Alterssparkapitals, beispielsweise aufgrund eines Vorbezugs im Rahmen der Wohneigentumsförderung oder einer Überweisung aufgrund einer Scheidung, reduziert die Risikoleistungen nicht mehr. Während der Erwerbstätigkeit sind die Versicherten und ihre Familienangehörigen sehr gut gegen die finanziellen Folgen bei Invalidität oder Tod abgesichert. Neu gilt diese Absicherung auch für Konkubinatspartner. Dies war ein Bedürfnis seitens unserer Versicherten, dem wir nun entsprechen.

Sind in nächster Zeit noch weitere strategische Anpassungen geplant?
Ab dem Jahr 2018 planen wir, für Versicherte mit einer Gesamtvergütung von über 126’900 Franken individuelle Anlagestrategien einzuführen. Individuelle Anlagestrategien gestalten die Vorsorge aufgrund des langfristig höheren Renditepotenzials attraktiv und ermöglichen den Versicherten, eine Anlagestrategie zu wählen, die ihrer persönlichen Risikobereitschaft entspricht.

Was möchte der Stiftungsrat mit diesen Anpassungen bewirken?
Die Anpassungen verfolgen mehrere Ziele. Oberstes Ziel des Stiftungsrats, der Geschäftsleitung und des Arbeitgebers ist es, das finanzielle Gleichgewicht der Pensionskasse langfristig zu wahren. Deshalb wurden vorausschauend langfristige, strategische Anpassungen in die Wege geleitet, um die aktuellen und die zukünftigen Herausforderungen anzugehen. Die neuen Generationentafeln, der tiefere technische Zinssatz und die reduzierten Umwandlungssätze tragen dazu bei, die Situation zukünftig zu entspannen und gleichzeitig die Umverteilung von aktiven Versicherten zu Rentenbezügern zu minimieren.

 

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